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Streckenhistorie

Streckenhistorie

Die Bahnstrecke zwischen Ratzeburg und Hollenbek, um die sich hier vieles dreht, hat eine bewegte Vergangenheit. Auf den folgenden Seiten wollen wir ein paar bahnsinnige Geschichten daraus erzählen, von der Kaiserbahnzeit, über die Rübenbahnzeit bis hin zur Draisinenzeit. "Achtung, am Gleis 3, bitte einsteigen, es beginnt eine Reise durch die letzten hundert Jahre. Türen schließen selbsttätig, Fotos öffnen sich durch Mausklick."


Kaiserbahnzeit (1897-1962)


Der Erbauer: Kaiser Wilhelm II

Kaiser Wilhelm II
Gebaut wurde "unsere" Bahnstrecke (die auch im Volksmund "Kaiserbahn" genannt wird) Ende des 19. Jahrhunderts auf den Wunsch Kaiser Wilhelms II hin. Der lebte von 1859 bis 1941 und wurde im Juni 1888 im Alter von 29 Jahren zum König von Preussen und zum Deutschen Kaiser berufen. Dieser Monarch, Schöpfer und Benutzer des letzten deutschen Hofzuges, liebte das Reisen mehr als alles andere und sprach im Jahr 1891 den lichtvollen Satz "Die Welt am Ende des 19. Jahrhunderts steht unter dem Zeichen des Verkehrs". Über die extreme Mobilität des Kaisers spotteten bereits damals die Zeitgenossen und reimten, sein Großvater sei der "greise Kaiser" gewesen, sein Vater der "weise Kaiser" und er selbst sei nun der "Reisekaiser". Eine Tageszeitung berechnete für ihn im Jahr 1894 nicht weniger als 199 Reisetage und etwa dreissigtausend abgefahrene Bahnkilometer. Doch neben dem Spaß am Reisen hatte Kaiser Wilhelm II seine Reisen auch immer verknüpft mit Empfängen, Besuchen, Jagdausflügen und anderen Repräsentationspflichten, mit der Eröffnung großer Bauwerke, der Rekrutenvereidigung oder mit dem Besuch von Stapelläufen von Kriegsschiffen.

Bahnstreckenplan Norddeutschland von 1943

Streckenverlauf

Ein häufiges Reiseziel war der Marinehafen in Kiel und dies gab den Anlass zum Bau "unserer" Bahnstrecke als Teilstück der direkten Verbindung zwischen dem Regierungssitz in Berlin und dem Kieler Hafen. Zwar gab es schon eine Zugverbindung von Hagenow über Büchen und Hamburg, ebenso eine Route über Lübeck, aber der Kaiser wünschte sich eine ganz direkte Verbindung auf einer Strecke "dazwischen". Man sagt, der Kaiser habe schließlich ein Lineal auf die Landkarte gelegt, um den Verlauf der Strecke grob zu umreißen. Die Königliche Eisenbahndirektion Altona wurde mit der Planung beauftragt und führte die Grundstücksverhandlungen offensichtlich äußerst erfolgreich, denn der anvisierte Steckenverlauf konnte weitgehend realisiert werden. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass die Bahnstrecke das heutige Herzogtum Lauenburg tatsächlich relativ geradlinig von Südosten nach Nordwesten durchquert: Sie zweigt in Hagenow-Land von der Hauptstrecke Richtung Hamburg ab und führte über Zarrentin, Hollenbek, Schmilau und Ratzeburg nach Bad Oldesloe und dann über Neumünster weiter bis Kiel.


Kaiserzug auf dem Viadukt in Berkenthin

Bauwerke, Dämme, Brücken

Bahnstrecken wurden und werden immer mit möglichst wenig Steigung gebaut. Auch in der hügeligen Landschaft zwischen Ratzeburg und Zarrentin waren dazu größere Eingriffe notwendig. Kaum vorstellbar, dass all die Einschnitte von Hand gegraben und die Dämme ebenfalls in Handarbeit aufgeschüttet wurden...

Damit die Bauern doch noch zu ihren Feldern kamen, und mit ihren Fuhrwerken nicht kilometerweite Umwege fahren mussten, um die Bahnlinie zu queren, wurden häufig Bauwerke errichtet, deren Sinn heute nicht mehr so ohne weiteres erschließt. Die Brücke auf Höhe Neuhorst/Sterley ist in diese Kategorie einzuordnen. Wenn man hinaufklettert, findet man rechts ein Feld und links eines, kein Feldweg ist mehr zu erkennen - die Brücke scheint wirklich "nur so" in der Landschaft zu stehen. Dabei hat diese Brücke technisch einiges zu bieten: Sie hat den Namen "Monierbrücke", denn es ist einer der ersten Brücken in Schleswig-Holstein, die anstelle der bis dato üblichen Holzkonstruktion in Stahlbetonbauweise errichtet wurde. Die eingelassenen Eisenstangen nennt man "Moniereisen" in Erinnerung an den französischen Gärtner Joseph Monier (1823-1906), der stapazierfähigere Blumenkübel angeblich dadurch erhielt, indem er in den Beton eine Lage Maschendraht eingießen ließ. Diese Brücke steht unter Denkmalschutz und darf nicht abgerissen werden.
Eine zweite Brücke dieser Art findet sich im Fredeburger Forst, die sog. "Weiße Brücke", über die ein Waldweg führt. Noch etwas näher an Schmilau befindet sich die aus Backsteinen gemauerte "Rote Brücke".

"Unsere" Bahnstrecke war immer eingleisig. An einen Ausbau wurde nie ernsthaft gedacht, außer beim Bau der Brücke(n), deren Bögen von vornherein so breit dimensioniert wurden, dass im Bedarfsfall noch ein zweites Gleis darunter Platz gefunden hätte.

Eröffnung

Am 15. August 1897 konnte Eröffnung gefeiert werden. Kaiser Wilhelm II persönlich gab sich die Ehre, den Streckenabschnitt zwischen Zarrentin und Berkenthin der Preußischen Staatsbahn zu übergeben. Und weil diese neue Zugverbindung über Ratzeburg, Bad Oldesloe und Neumünster mit 154 km tatsächlich gut 25 km kürzer war als die beiden anderen Alternativen zwischen Hagenow und Kiel, nahm der Kaiser seitdem immer den Weg durch Hollenbek und Schmilau, wenn er von der Reichshauptstadt zum sog. "Reichskriegshafen", z.B. zur Kieler Woche, reisen wollte. So kam die Strecke auch zu ihrem Namen "Kaiserbahn".
Doch noch ein bisschen wichtiger als der Faktor "Zeitersparnis" war die Sicherheit des Staatsoberhauptes: Aus Angst vor Attentaten weigerte sich Wilhelm II manchmal, über die Kanalbrücke bei Berkenthin zu fahren. Dafür nahm er dann doch einen Umweg über Lübeck in Kauf.

So ein Sonderzug wie der des Kaisers brachte natürlich den ganzen Fahrplan durcheinander, aber auch Aufregung in das ansonsten eher beschauliche Leben auf dem Lande: An den drei, vier Tagen, an denen seine Majestät hier unterwegs war, wurden die Bahnhöfe herausgeputzt und geschmückt, das ganze Dorf war auf den Beinen, um vom Bahnsteig aus dem Kaiser zuzuwinken. Einmal soll er in Schmilau sogar ausgestiegen sein, um sich mit dem adligen Gutsbesitzer v. Treuenfels aus Althorst zu treffen.
Fahrplan Oldesloe-Ratzeburg-Hagenow 1943
Foto: Fahrplan Oldesloe-Ratzeburg-Hagenow 1943

Neben den beiden Fernreisezügen, die die Strecke täglich befuhren, aber nur in den größeren Städten wie Bad Oldesloe, Lübeck oder Wittenburg hielten, verkehrten an den Werktagen Personen- und vor allem Güterzüge auf dieser Strecke. In der ersten Häfte des 20. Jahrhunderts rollten fahrplanmäßig an die 60 Züge am Tag durch die Bahnhöfe Hollenbek und Schmilau! Die Bedeutung dieser Strecke kann man wohl am ehesten nachvollziehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in diesen Tagen die Bahn generell für die Organisation des täglichen Lebens eine wichtige Rolle spielte. Autos besaßen damals nur 1-2 Personen im Dorf, man ging hauptsächlich zu Fuß von A nach B, alle Waren, angefangen von Lebensmitteln, über Brenn- und Baumaterial (Holz, Kohlen, Ziegel...) bis hin zur Post wurden per Pferdefuhrwerk transportiert ... oder eben per Bahn.

Bahnhof Ratzeburg 1910
Foto: Bahnhof Ratzeburg um 1900

Bahnhöfe Mölln und Ratzeburg

Während Ratzeburg immer schon Beamtenstadt war und von den Bahnanschlüssen nach Büchen/Hamburg, Lübeck, Kiel und Richtung Berlin v.a. in Sachen Personenbeförderung und Tourismus profitierte, war Mölln um 1900 - u.a. aufgrund seiner Lage am neu eröffneten Elbe-Lübeck-Kanal - das wirtschaftliche Zentrum der Region.
Als der Verlauf der neuen Bahnstrecke geplant wurde, und Mölln nicht tangiert werden sollte, kamen Befürchtungen auf, dass die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes den Anschluss (an Berlin) verpassen könnte. Deshalb wurde erwirkt, dass unmittelbar nach Fertigstellung der Strecke zwischen Ratzeburg und Zarrentin noch eine Verbindung zwischen Mölln und Hollenbek geschaffen wurde. Diese wurde am 1. April 1899 eingeweiht und täglich von mehreren Güter- als auch mit Personenzügen ("Hein Hollenbek") bedient.
Zudem war in Mölln im Zuge des Baus der Lübeck-Büchener Eisenbahn 1851 der Bahnhof nahe des Stadtmitte gebaut worden, obwohl dadurch eigens ein Damm durch den Möllner See geschüttet werden musste. Für die Inselstadt Ratzeburg hingegen hätte ein zentrumsnaher Bahnhof (auf der Insel bzw. am Fuße des St.Georgsberges) noch mehr Aufwand hervorgerufen, sodass man den Bahnhof auf dem St.-Georgsberg, auf dem Gebiet der Domäne Neuvorwerk, etwa 1 km außerhalb der Stadt, errichtete.

Ratzeburg-Thurower Kleinbahn

Um die Jahrhundertwende (1903) wurde eine Kleinbahnlinie eingerichtet, die vom Bahnhof Ratzeburg im Bogen durch das Gewerbegebiet bis ins Ortszentrum auf der Insel führte (die Gaststätte Seegarten am Theaterplatz war das ehemalige Kleinbahnhofsgebäude) und dann über einen eigens angelegten Damm über den See weiter zum Schaalseekanal-Hafen (bei Schmilau) führte. Am Bahnhof Ratzeburg fuhren damit Bahnen in drei verschiedene Richtungen ab: Hinter dem Bahnhofsgebäude die in Richtung Lüneburg und Lübeck, vor dem Bahnhof die Richtung Bad Oldesloe und Zarrentin, sowie die Kleinbahn hinunter in die Stadt. Auf diese Zeit geht die in Ratzeburg heute noch übliche Gleisnummerierung zurück. Es wirkt schon skurril, wenn man heute auf "Gleis 21" in den Zug nach Lübeck steigt und man fragt sich, wo denn dann die anderen 20 Gleise gelegen haben mögen. Nirgends! So viele Gleise lagen niemals im Bereich des Bahnhofsgebäudes nebeneinander. Zwecks Übersichtlichkeit nummerierte man die Gleise vor dem Bahnhof mit Zehnern (Gleis 11 und 12 in Richtung Bad Oldesloe bzw. Hagenow), die Gleise dahinter Richtung Lüneburg und Lübeck mit Zwanzigern (Gleis 21 und 22). Die Namensgebung der beiden Ratzeburger Bahnhöfe bot Diskussionsstoff für über ein Jahrzehnt: 1913 bereits war der Magistrat der Stadt Ratzeburg an die Eisenbahndirektion mit der Bitte herangetreten, den Bahnhof auf dem St. Georgsberg umzubenennen, um Missverständnisse auszuschließen. Die damalige Bezeichnung "Ratzeburg" bereitete insofern "Schwierigkeiten, als die vielen zureisenden Fremden in dem Glauben, ihr Ziel am Hauptbahnhof bereits erreicht zu haben, nur Fahrkarten bis dahin lösen und ebenfalls unter der gleichen Annahme ihr Gepäck nur bis dahin gehen lassen, ohne zu ahnen, dass sie dort mitten auf dem platten Lande gelandet sind. (...) Wesentlich anders würde es werden, wenn der Hauptbahnhof die Bezeichnung "Ratzeburg Land" erhielte und dem Kleinbahnhof in der Stadt nur die Bezeichnung "Ratzeburg" gegeben würde." Die Lübeck-Büchener Eisenbahngesellschaft witterte jedoch Profitgier bei den Betreibern der Kleinbahn und hielt dagegen, dass es dem Reisenden weiterhin freigestellt sein müsse, erst bei seiner Ankunft in Ratzeburg zu entscheiden, ob er sich zu Fuß, mit dem Autobus oder den (offenbar selten) verkehrenden Kleinbahnen in die Stadt begeben wolle. 1927 schließlich wurde der Bahnhof auf dem Berg doch noch in "Ratzeburg-Land" umbenannt, um allerdings nach wenigen Jahren wieder seinen alten Namen "Ratzeburg" zurück zu erhalten, da die Kleinbahn sich als unrentabel erwies und der Betrieb nach und nach reduziert und schließlich ganz eingestellt wurde. Die Kleinbahnlinie war zuvor noch bis Thurow verlängert worden, v.a. um landwirtschaftliche Erzeugnisse Feldfrüchte aus der Region östlich vom Ratzeburg effektiver als auf dem Pferdefuhrwerk in die Stadt transportieren zu können, doch 1933 wurden die letzten Personen, im Jahr darauf die letzten Güter befördert.

Bahnhof Schmilau 1900

Bahnhöfe Hollenbek und Schmilau

Die Bahnhöfe Hollenbek und Schmilau spielten daher für den Frachtverkehr schon immer eine bedeutende Rolle. Nicht nur die umliegenden großen Gutsbetriebe (Gudow, Groß Zecher, Seedorf, Althorst, Kogel) wickelten den Transport von Ernteerzeunissen oder Düngemitteln weitgehend über die Schiene ab - auch viele Bauern aus entfernter gelegenen Dörfern steuerten Schmilau an, da sie so den mühsamen Anstieg zum Ratzeburger Hauptbahnhof umgehen konnten.

Foto: Bahnhof Schmilau um 1900.

Federvieh in Schmilau
In Schmilau stiegen eine Zeitlang mehr gefiederte Passagiere als andere Fahrgäste aus: Aus Polen wurden Gänse hierher gebracht und dann die Dorfstraße hinunter getrieben - einer zweifelhaften Zukunft entgegen: Im Dorf befand sich eine Mästerei.

Bahnhofspersonal Hollenbek
Auf den Bahnhöfen war immer für heutige Verhältnisse eine Menge Personal notwendig, damit sämtliche Betriebsabläufe fahrplanmäßig über die Bühne gehen konnten. Im Bahnhofsgebäude waren sowohl in Hollenbek als auch in Schmilau und Ratzeburg im Ergeschoss der Fahrkartenschalter, Gepäckaufbewahrung und Wartesääle (1. und 2. Klasse) untergebracht, Wartezeiten ließen sich in Hollenbek und Ratzeburg außerdem in den Bahnhofsgaststätten überbrücken. Im 1. Stock des Hauptgebäudes wohnte immer die Familie des Bahnhofsvorstehers. Oft waren hier auch ein paar Zimmer für Bahnbedienstete vorhanden.
Die Stellwerke standen meist etwas exponiert, damit von dort aus alle Bahnanlagen überblickt werden konnten und Weichen und Signale gestellt werden konnten. Auch waren, obwohl auf den Straßen längst nicht so viel Verkehr war wie heute, die meisten Bahnübergänge beschrankt und daher ebenfalls mit Personal besetzt. Am Althorster Weg in Schmilau und in Sterley stehen die Häuser der Schrankenwärter noch, während die am Alten Kirchstieg nach Sterley (= dem sandigen Bahnübergang hinter der Brücke) inzwischen abgebaut wurden. Es muss ein wahnsinnig abwechslungsreicher Job gewesen sein, ganz alleine auf weiter Flur zu wohnen und ab und zu Schranken hoch und runter zu kurbeln...
Eine richtige Eisenbahner-Siedlung wuchs Anfang des 20. Jahrhunderts rund um den Bahnhof Hollenbek: Im heutigen "Neu-Sterley" wohnten zum größten Teil Familien, deren Angehörige auf dem Bahnhof arbeiteten. Das Dorf Hollenbek liegt etwa einen Kilometer entfernt, da beim Bau der Bahnlinie die Dorfbevölkerung gegen die "eisernen Ungeheuer" protestierte und für den Bahnhof einen Standort in sicherer Entfernung des Dorfes gewünscht hatte.

Die Munitionszugexplosion

Dies erwies sich im 2. Weltkrieg nicht nur einmal als Glück. Für den Verkehr zwischen Hamburg und Berlin war die Route über Hollenbek damals so wichtig, weil die Eisenbahnbrücke bei Büchen im Krieg gesprengt worden war. Die Bahnstrecke war damals für Nachschubtransporte in Richtung Osten genutzt worden (in Mölln war eine große Munitionsfabrik) und deswegen auch im Visier der Aliierten. Im Frühjahr 1945 wurde auf dem Bahnhof Hollenbek ein Zug bombardiert, der mit Munition und Treibstoff beladen war. Eine heftige Explosion ließ weiträumig alle Scheiben der umliegenden Häuser bersten und riss ein gewaltiges Loch in den Boden - 150m lang, 25m breit und 12m tief! Schienenstücke und der schwere Kessel der Dampflok flogen bis zu 1km weit und landeten mitten im Dorf auf dem Domänengelände, wo heute die Naturparkscheune steht. Schon nach wenigen Wochen hatte man die Gleise jedoch wieder erneuert, um den Zugverkehr wieder aufnehmen zu können. Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges wurde der Zugverkehr zwischen Zarrentin und Hollenbek eingestellt. Der Personenverkehr zwischen Hollenbek und Ratzeburg wurde am 29.9.1962 endgültig eingestellt.


Rübenbahnzeit (1962-1994)


1952 wurden die Gleise von Zarrentin bis zur deutsch-deutschen Grenze abgebaut, sodass von Ratzeburg kommend nur noch 13 km Bahnstrecke lagen, die durch sehr dünn besiedeltes Gebiet führte, bevor sie dann im Nirgendwo endete - eben unsere heutige Draisinenstrecke. Während zwischen Hollenbek und Mölln nur noch für einige Jahre ein kleiner Personenzug ("Hein Hollenbek") fuhr, bevor in den 1960er Jahren jeglicher Bahnverkehr auf dieser Strecke eingestellt und auch diese Gleise zurückgebaut wurden, wurde an der Strecke zwischen Ratzeburg und Hollenbek noch lange festgehalten.
Der Personenverkehr wurde hier anfangs noch mit einem kleinen Personenzug aufrecht erhalten. In den 1950er Jahren dann wurden Haltepunkte in Klein Zecher, Hakendorf, Sterley und Althorst neu eingerichtet und zusätzlich zu den Bahnhöfen Schmilau und Hollenbek mit Schienenbussen bedient. . Diese "Ferkeltaxen" rentierten sich etwa noch ein Jahrzehnt, ab Mitte der 1960er Jahre wurden die Dienststellen in Hollenbek und Schmilau aufgelöst und keine Fahrkarten mehr verkauft.
Für den Güterverkehr war die Strecke hingegen weiterhin interessant - besonders wegen der zig tausend Tonnen Zuckerrüben, die alljährlich in dieser Region produziert wurden und werden und auf der Schiene nach Uelzen in die Zuckerfabrik transportiert werden wollten.

Rübenzugverkehr Ratzeburg-Hollenbek
So hielt die Bahn bis in die 1990er Jahre einen regelmäßigen Zugverkehr zwischen Ratzeburg und Hollenbek aufrecht. "Regelmäßig" mit einem Augenzwinkern - der "Fahrplan" galt nur während der sog. "Zuckerrübenkampagne" von September bis Dezember jeden Jahres. Der letzte Zug fuhr im Dezember 1993, dann wurde auch dieser Gütertransport als unrentabel erachtet und die Strecke wurde zum 14.12.1994 stillgelegt.

Dass die Bahn eine 13 km lange Strecke im Zonenrandgebiet nahezu 45 Jahre lang "auf Krampf" am Leben erhält, um sie dann fast unmittelbar nach der deutschen Wiederveinigung aufzugeben, scheint auf den ersten Blick völlig unverständlich. Es mag auch militärische Gründe für diese Entscheidung gegeben haben, denn zur Zeit des kalten Krieges galt dieses Stichgleis als "militärische Einfallschneise in den Osten", an deren Hollenbeker Endstation man statt der Zuckerrüben im Ernstfall auch hätte Panzer verladen können. Der Wegfall dieser militärischen Erwägungen mag zur Entscheidung der Stillegung beigetragen haben.

Doch auch heute noch liegt ein Trassensicherungsvertrag auf der Strecke, mit dem die Landesregierung Schleswig-Holstein den Eigentümer daran bindet, die Strecke als Bahnstrecke weiter zu erhalten. Hintergrund ist die Tatsache, dass es heutzutage ungeheuer schwierig und langwierig geworden ist, eine neue Bahnstrecke zu planen und zu bauen. Aber gerade diese Strecke hat ein großes verkehrspolitisches Potenzial, wenn man die Planungen zum Brückenbau der "Große-Belt-Querung Fehmarn-Rødby" betrachtet und die damit verbundenen möglichen neuen Güterströme aus Skandinavien kommend, die sinnvollerweise über diese Strecke Richtung Berlin und Richtung Osteuropa rollen könnten. Ganz realistisch wird eine Wiederbelebung der Strecke als Eisenbahnstrecke im Zeitfenster um 2012 bis 2017 angestrebt.


Draisinenzeit (ab 1998)

1993 zeichnete sich eine erste Draisinennutzung ab, weil das Gebäude des ehemaligen Ringlokschuppens in Ratzeburg in die Planungen zu einem Konzertveranstaltungsort rückte, welcher über Draisinen von den Gästen besucht werden sollte. Dies mündete kurz gesagt in einer Veranstaltung eines "1. Draisinen-Sommerfestes" am 21.6.1995 in Schmilau, deren Erfolg den Initiator Oliver Victor veranlasste, die Idee eines Draisinenangebots auf dieser Strecke zu realisieren.


Wer Interesse an weiterführenden Informationen hat, findet ein geeignetes Forum in dem Verein Interessengemeinschaft Eisenbahn Ratzeburg-Zarrentin, der sich den Erhalt und die Reaktivierung der Bahnstrecke Ratzeburg-Zarrentin zum Ziel gesetzt hat.


Autorin dieses Beitrags: Daniela Bauer, im April 2004